Verzogen oder selbstbewusst? So tickt die Gen Alpha

10 FACTS

Die jüngste Generation treibt Tiktok-Nutzer in den Wahnsinn. Die Kinder seien kaum zu bändigen. Doch was macht diese Kids aus? Die Gen Alpha in zehn Punkten erklärt.  

Monika Abdel Meseh

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Monika Abdel Meseh

Wer heute geboren wird, zählt zur Gen Alpha. Die ältesten Kinder dieser Generation sind jetzt 14 Jahre alt.
Wer heute geboren wird, zählt zur Gen Alpha. Die ältesten Kinder dieser Generation sind jetzt 14 Jahre alt. Symbolbild/Getty Images

Darum gehts

  • Zur Generation Alpha gehören alle Null- bis 14-Jährigen. Laut einer Statistik des Bundesamtes für Gesundheit leben in der Schweiz rund eine Million Kinder in diesem Alter.
  • Viele Tiktok- Nutzer beschweren sich in Videos über die neueste Generation und ihr Verhalten.
  • Den Kindern wird nachgesagt, sie seien verwöhnt und würden machen, was sie wollen.
  • Gemäss dem Generationenforscher François Höpflinger haben die Eltern den grössten Einfluss auf ihr Verhalten.

Die Generation der «iPad-Kids», auch Generation Alpha genannt, hat die Generation Z abgelöst. Sie seien stur, verwöhnt, digitalisiert und bestens ausgebildet in der Welt der sozialen Medien, heisst es auf Social Media oft. Im Netz kursieren Hunderte Videos vom Verhalten dieser Kinder und von Millennials, die mit der Erziehung der Gen-Alpha-Kids überfordert sind.

In einem Tiktok-Video erzählt eine Mitarbeiterin vom Kosmetikhändler Sephora, wie Zwölfjährige den Laden verwüsten: «Immer, wenn diese Kinder im Geschäft waren, fanden wir geöffnete Geschenkboxen, verwendete Produkte und kaputte Tester. Es ist eine Katastrophe.»

«Sie hören nicht zu, sie sind vorlaut und sie wissen alles besser», beschwert sich eine Lehrerin auf Tiktok. In den Kommentaren häufen sich Beschwerden über die Generation Alpha.

Wer ist diese Gen Alpha und was treibt sie zu so einem Verhalten? Gibt es die Probleme auch in der Schweiz? Der Generationenforscher François Höpflinger hat die Gen Alpha für 20 Minuten in zehn Punkten charakterisiert.

 1. Jahrgang

Als Generation Alpha werden Kinder bezeichnet, die von 2010 bis 2025 geboren wurden beziehungsweise noch auf die Welt kommen. Sie sind zwischen null und 14 Jahren alt. Gen Alpha gilt als die Nachfolgegeneration der Generation Z.

2. «iPad-Kids»

«Sie sind die erste Generation, die vollständig digitalisiert ist», erklärt François Höpflinger. Schon als Babys und Kleinkinder wachsen sie mit Smartphones und Tablets auf und wissen auch, mit diesen umzugehen. Sie swipen gekonnt über den Bildschirm, noch bevor sie ihre ersten Worte sprechen, weshalb sie auch «iPad-Kids» genannt werden.

3. Eltern nutzen Social Media

«Auch deren Eltern, die Generation der Millennials, sind aktive Smartphone- und Social-Media-Nutzer, womit es für die Kinder zu einer Selbstverständlichkeit wird.» Eine Welt ohne Medien und Apps kennen sie gar nicht. Dass man früher etwa Karten statt Google-Maps verwendete, werden sie vermutlich nie erfahren.

4. Digitalisierte Generation

«Die Kinder haben eine nie dagewesene Menge an digitalen Inhalten und Zugängen.» Smartphones, Tablets, Spielkonsolen und soziale Medien kennt jedes Kind der Generation Alpha. Doch diese Digitalisierung habe auch Nachteile. «Das kann die Internet-Gefahren wie Cybermobbing oder den Zugang zu pornografischen oder gewalttätigen Inhalten verstärken», so Höpflinger.

5. Geprägt von Krisenzeiten

Das Gefühl der Instabilität begleitet diese Kids von klein auf. «Sie sind mit den meisten Krisen unserer Zeit konfrontiert – wie Corona, den herrschenden Kriegen, aber auch der schlechten Wirtschaftslage», sagt der Generationenforscher. In der Schweiz kämpfe die Generation am häufigsten gegen für sie veraltete Gesellschaftsnormen. «Sie leben meist in ihrer eigenen Blase und nach ihren eigenen Regeln, was durch die Vernetzung mit Gleichaltrigen verstärkt wird.»

6. Kaum soziale Kompetenz

Diese Vernetzung beschränke sich aber nur auf den digitalen Raum. Ihre soziale Kompetenz sei eher weniger ausgeprägt. Die Kinder seien hauptsächlich im digitalen Raum unterwegs, wodurch sie nur wenige persönliche Kontakte haben und auch nicht genau wissen, wie sie im realen Leben miteinander umgehen sollen. «Selbst Freundschaften finden eher online statt, etwa bei Videospielen.»

7. Multikulturelle Kinder

35 bis 40 Prozent der Gen-Alpha-Kinder in der Schweiz wachsen multikulturell auf und haben mindestens einen Elternteil, der nicht Schweizer ist. Das sei mehr als bei der Generation Z. Für diese Kinder ergeben sich weitere Herausforderungen, wie die Sprachbarriere und andere kulturelle Normen. «Es ist für sie einfacher, in ihren Kreisen zu bleiben.»

8. Rasenmäher-Eltern

Laut Höpflinger wachsen die Gen-Alpha-Kinder überbehütet und verwöhnt auf. Man spricht jetzt von Rasenmäher-Eltern statt von Helikopter-Eltern. «Grundsätzlich wollen die Eltern es ihnen so leicht machen wie möglich, um ihr Kind vor Rückschlägen, Auseinandersetzungen oder Misserfolgen zu bewahren.» Anstatt ihre Kinder auf Herausforderungen vorzubereiten, schaffen sie alle Hindernisse aus dem Weg, sodass die Kinder sich gar nicht damit auseinandersetzen müssen. Wie ein Rasenmäher eben.

9. Charaktereigenschaften

«Sie sind es gewöhnt, alles zu bekommen, was sie wollen. Probleme lösen sich auf dem einfachsten Weg.» Das sei hauptsächlich durch die Erziehung geprägt. Die Kinder haben innerhalb der Familie viel Macht und starken Einfluss auf die Lebensart. «Sie haben eine klare eigene Meinung und setzen diese auch durch.» Mit Anweisungen kommen sie nicht gut klar, weshalb sie auch schnell unhöflich werden.

10. Diskrepanz zwischen Schule und Realität

Besonders in der Schule komme es zu Schwierigkeiten. «Das grösste Problem ist die zunehmende Diskrepanz zwischen dem Schulstoff und der Realität. Kinder sehen nicht ein, Mathe oder Rechtschreibung zu lernen, wenn es eine KI für sie lösen kann, weshalb sie auch als schwierige Schüler angesehen werden.» Lehrerinnen und Lehrer seien laut Höpflinger gezwungen, andere Lernformen zu verwenden und den Lehrplan anzupassen.

Dass das nicht nur im englischsprachigen Raum zu Problemen führt, zeigte kürzlich eine deutsche Studie, für die über 1300 Lehrpersonen befragt worden waren: «40 Prozent der Kinder zeigen Auffälligkeiten im sprachlichen Bereich, 19 Prozent im motorischen Bereich, 30 Prozent im sozialen Bereich», sagte Studienleiter und Generationenforscher Rüdiger Maas gegenüber SRF.